Hütehunde und Treibhunde in der Stadt
Pfoten auf Asphalt - Folge 1: Hütehunde und Treibhunde in der Stadt
In der ersten Folge von Pfoten auf Asphalt dreht sich alles um die spannende Welt der Hüte- und Treibhunde (FCI Gruppe 1). Gemeinsam mit Tabitha, Hundetrainerin und Gründerin der Hundeschule “Better Dogether”, sprechen wir darüber, wie Hunde aus dieser Gruppe das Stadtleben meistern können und welche Herausforderungen und Besonderheiten sie mitbringen.
Highlights der Folge:
Hüte- und Treibhunde verstehen: Warum diese Hunde genetisch darauf programmiert sind, Bewegungen zu kontrollieren, und wie sich das im Alltag zeigt.
Ausgleich schaffen: Von Tricktraining und Nasenarbeit bis hin zu Hundesportarten wie Hoopers und Treibball – Tipps zur geistigen und körperlichen Auslastung in der Stadt.
Die richtige Erziehung: Impulskontrolle, Ruhephasen und die Bedeutung einer gezielten Grunderziehung, um destruktives Verhalten zu vermeiden.
Jagdverhalten bei Hütehunden: Warum das Hüten ein Teil der Jagdkette ist und wie man dieses Verhalten in den Griff bekommt.
Der richtige Züchter: Wichtige Hinweise für alle, die einen Hund aus dieser Gruppe anschaffen möchten, und warum verantwortungsvolle Zucht essenziell ist.
Praktische Tipps:
Sozialisierung im Welpenalter: Warum erste Erfahrungen mit Reizen wie Staubsauger, Auto oder verschiedenen Untergründen entscheidend sind.
Beschäftigungsideen für die Stadt: Wie man auch ohne viel Platz für geistige und körperliche Auslastung sorgt.
Umgang mit Modehunden: Warum man sich gut informieren sollte, bevor man einen Hund kauft, und welche Rolle der Tierschutz spielen kann.
Am Ende der Folge gibt es auch eine musikalische Überraschung: Die erste offizielle Pfoten auf Asphalt-Spotify-Playlist wird gestartet, inklusive Songempfehlungen von Tabitha und Erich.
“Geht respektvoll miteinander um, egal ob Mensch oder Hund.”
Alle Infos zu Tabitha, ihrer Arbeit und der vollständigen FCI-Rassenliste findet ihr in den Shownotes.
Hört rein und erfahrt, wie ihr das Leben für euch und euren Hütehund in der Stadt entspannter gestalten könnt! Neue Folgen gibt es alle 14 Tage.
Shownotes:
Quellen und Links:
Pfoten auf Asphalt Spotifyplaylist
Bei Fragen schickt uns ein Mail an pfotenaufasphalt@grossstadthund.com
Transkript
ERICH:
Willkommen bei Pfoten auf Asphalt, dem Podcast für alle Stadtmenschen und Stadthunde. In den allerersten Folgen beschäftigen wir uns mit den verschiedenen FCI -Gruppen und sprechen darüber, wie wir ihnen das Leben in der Stadt so angenehm wie möglich machen können. Dazu spreche ich mit Menschen, die mit einem Hund aus der jeweiligen Gruppe zusammen leben und uns ihre Erfahrungen berichten können. Die erste Gruppe, über die wir sprechen möchten, sind die Hütehunde und Treibhunde und dazu: “Hallo liebe Tabitha und danke fürs Kommen. Ich wollte heute mit dir gerne über die Hüte- und Treibhunde sprechen, weil du selbst mit einer Aussie-hündin zusammenlebst, die übrigens zuckersüß ist. Und was man so auf Insta und TikTok sehen kann, seid ihr ein sehr gut eingespieltes Team. Aber bevor wir anfangen, möchtest du selbst dich vorstellen?
TABITHA:
Okay, also danke auch von meiner Seite für die Einladung. Es freut mich, dass ich hier mit dir über Hüte- und Teibhunde sprechen darf. Mein Name ist Tabitha, das haben wir eh schon gehört. Ich bin nebenberuflich als Hundetrainerin tätig. Ich habe eine kleine, aber feine Hundeschule, die heißt Better Dogether. Und da spezialisiere ich mich eher auf Hundesport wie Treibball oder Hoopers, aber auch so Tätigkeiten, wo man dann sehr konzentriert über Gegenstände geht, also der Hund über diese Gegenstände geht, etwas weg von diesem höher, schneller, weiter, hin zu sehr konzentriert und fokussiert. Das tut fast allen Hunden gut oder allen Hunden gut, einerseits körperlich, andererseits dieses Konzentrieren. Gerade für so Hippelhunde, wo die Australian Shepherds ja gerne mal reinfallen, ist das ein ganz gutes Training, um einfach runterzukommen und da fokussiert zu arbeiten. Also das sind so meine Schwerpunkte. Komme aus Oberösterreich und versuche den Dialekt beiseite zu legen.
ERICH:
Dankeschön. Du hast gerade schon das Arbeiten erwähnt und hier würde ich gerne mit der nächsten Frage anknüpfen. Und zwar ist diese Gruppe, eine Gruppe von Hunden, die eher zu diesem Überdrehen neigt. Und kannst du uns auch sagen, welche Rassen noch in diese Gruppe hineinfallen? Also ganz spontan, müssen jetzt nicht alle sein. Ich werde in die Show Notes eine komplette Liste aller Rassen packen die unter die FCI Gruppe 1 fallen.
TABITHA:
Ja, die Liste ist ja tatsächlich sehr lange die da reingehören. Aber zur Eingangsfrage, ob alle so hibbelig sind? Ich würde mal sagen, die meisten tendieren da schon dazu, wenn man nicht aufpasst. Man muss auch vielleicht bedenken, woher oder für was diese Hüttehunde gezüchtet wurden. Da ging es ja sehr darum, mit den Menschen zusammenzuarbeiten und dabei sehr fokussiert jede Bewegung wahrzunehmen. jede Regung wahrzunehmen und das haben die immer noch. Das heißt, sie werden sehr getriggert von Bewegungen, die irgendwo sind, weil dann müssen die ja schauen und müssen hüten. Also das ist so sehr drinnen in denen. Und somit tendieren die schon sehr ständig aufzupassen, ob sich wo etwas bewegt und kommen dadurch ganz schwer wieder runter oder ganz schlecht runter. Es gehören dazu eben der Border Collie, sicher einer der bekanntesten Vertreter aus dieser Gruppe, die ja dazu mehr als jeder andere Hund geeignet sind, Schafherden zu hüten, die das auch genetisch schon mitbringen, wie viele andere auch in dieser Gruppe. Sie wurden eben darauf gezüchtet, die Schafe oder Kühe zu hüten. Vielleicht auch ganz kurz, weil die Gruppe Hüte- und Treibhunde heißt. Hütehunde wären ja die, wie der Border Collie, die die Schafe einkreisen und herumlaufen um die Gruppe zusammenhalten. Die Treibhunde sind dann die, die, wie der Name sagt, treiben, die die Rinder meist dann antreiben, indem sie hinten in die Hacken zwicken sozusagen. Und das ist dann schon... teilweise auch ein Problemverhalten, wenn die in der Familie anfangen, die Kinder zu treiben und in die Hacken zu beißen, weil das einfach genetisch bedingt ist. Da muss man halt von klein auf aufpassen, dann ist das kein Thema. Aber aus diesem Eck kommen diese Hunde. Es gehören auch dazu die Schäferhunde, also die ganze Gruppe der Schäferhunde, wie der Malinois, wie der holländische Schäfer, der Herder und der deutsche Schäferhunde. Briard gibt es noch und die weißen Schäferhunde. Genau, das wären so die, die mir da spontan in diese Gruppe einfallen.
ERICH:
Okay, weißt du zufällig, ob die weißen Schäferhunde eine offizielle FCI -Rasse sind oder nicht? Ich weiß es gerade nicht, aber wir werden es spätestens in den Shownotes nachlesen können.
TABITHA:
Früher war die Farbe Weiß tatsächlich ein Fehler und wurde rausselektiert. Man muss auch sagen, viele weiße Hunde haben ja das Problem, dass sie taub sind, wie Dalmatiner. Das ist bei den weißen Schäfers nicht der Fall, da da eine ganz andere Genetik dahinter ist. Also die weißen Schäferhunde sind mittlerweile eine eigene Rasse. Ob sie vom FCI anerkannt ist, ich vermute ja, würde mich da jetzt aber nicht festlegen.
ERICH:
Spannend. Du sagst, dass der Gendefekt beim weißen Schäferhund ein anderer als beim Dalmatiner ist. Deshalb gibt es die Taubheit hier nicht.
TABITHA:
Genau. Also wenn ein weißer Schäfer taub ist, dann hat es nichts mit dem Weißanteil zu tun, wie beim Boxer und beim Dalmatiner. Also da ist Weiß überhaupt kein Thema.
ERICH:
Gut zu wissen. Wir haben ja vorhin auch schon über das Überdrehte dieser Hunde geredet. Würdest du sagen, man kann diese Hunde trotzdem gut in der Stadt halten, in einer Wohnung halten? Oder was müsste man tun, dass es gut klappt? Oder sind es doch eher Hunde, die aufs Land gehören und einen eigenen Garten brauchen?
TABITHA:
Ich habe eine ganz, nein, keine eigene Meinung, aber ich schließe mich der Meinung an, die sagt, ein Hund braucht keinen eigenen Garten. Gar kein Hund. Wobei ich vielleicht jetzt Herdenschutzhunde mal dann trotzdem da rausnehmen würde, aber grundsätzlich braucht man keinen eigenen Garten. Viel wichtiger ist, dass man mit diesen Hunden arbeitet. Diese Hunde, ich habe es schon erwähnt, wurden dazu gezüchtet, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten. Genau deshalb sind sie bei Agility gut und bei diesen ganzen Sportarten, wo der Mensch mit dem Hund zusammenarbeitet, weil der Hund auch für das gezüchtet wurde. Das heißt, der Hund braucht das bis zu einem gewissen Maß aber auch. Wenn so ein Hund nicht ausgelastet ist, dann kann das schon sehr schnell in destruktiven Verhalten enden. Das heißt, dann glaubt die Couch dran, dann wird da der Wohnzimmertisch angeknabbert oder Sonstiges zerstört.
Also diese Hunde brauchen wirklich diese geistige Auslastung. Man meint ja dann oft, und hier möchte ich vielleicht auch eine Lanze brechen, man muss auch mit einem Australian Shepherd nicht jeden Tag drei Stunden spazieren gehen. Diese brauchen viel mehr als die Bewegung, die geistige Auslastung. Das heißt, Trick -Dogging bietet sich für jede Stadtwohnung an. Da braucht man nicht viel Platz. Die einfachen Tricks, da reicht ein Quadratmeter. Nasenspiele wie ein Schnüffelteppich oder wie... eine Fährte suchen oder so, das kann man im Park machen, das kann man zu Hause machen. Ein Suchspiel, dass man einen Geruch erkennt, wie zum Beispiel, man will jetzt den Kamillendee finden lassen vom Hund. Das geht auch super zu Hause. Wenn man am Land wohnt, ist das übrigens auch ganz toll als Regenbeschäftigung oder auch in der Stadt. Also diese ganzen Nasenspiele, die man da machen kann oder diese Nasenarbeit, die man machen kann, eignet sich sicher sehr gut. Man unterschätzt ja, wie sehr diese Nasenarbeit die Hunde tatsächlich auslastet, kopfmäßig auslastet. So eine Stunde spazieren gehen ist nicht so anstrengend wie zehn Minuten, Viertelstunde mit der Nase wirklich arbeiten. Was sich da natürlich dann noch anbietet für solche Hunde, aber da braucht es dann mehr Platz, wären natürlich so Sportarten wie Treibball, wo also ein Gymnastikball, großer Ball durch zielgerichtet durch die Gegend gestupst wird. Das ist dann viel Impulskontrolle, mit dem Hund auf Distanz zu arbeiten. Aber wenn man den Platz nicht hat, dann kann man sich in der Stadt ja Teile daraus nehmen. Wie zum Beispiel, man muss was umrunden. Man kann jede Parkbank umrunden, man kann Miskübel umrunden, man kann Bäume im Park umrunden. Und wenn man das gut geübt hat und man ist in einer Freilaufzone, kann man den Hund auch vom Baum zu Baum dirigieren und dort diese eben in verschiedenen Reihenfolgen umrunden lassen. Das geht auf viele, viele Meter Entfernung. Kommt natürlich dann darauf an, wie groß diese Freilaufzone ist oder ob man mal aus der Stadt rausfährt. Aber dadurch können die dann auch sehr gut das Laufbedürfnis befriedigen. Also diese geistige Auslastung ist sehr, sehr wichtig. Aber natürlich haben sie schon ein gewisses Laufbedürfnis auch.
ERICH:
Das war jetzt viel Input, lass uns das Ganze etwas auf den Punkt bringen und zwar sagst du, Impulskontrolle hattest du erwähnt, dass wir das am besten schon in der Grunderziehung trainieren, aber findest du, dass das ein Thema ist, auf das man bei diesen Hunden schon gut Acht geben sollte?
TABITHA:
Ja, danke für die Frage. Tatsächlich würde ich für diese ganze Gruppe sagen, die müssen lernen, die müssen Ruhe lernen. Die müssen lernen, wie fährt man wieder runter. Ich habe es schon erwähnt, sie werden sehr durch Reize beeinflusst, sie sind dann schnell aktiv. Die müssen lernen, mit diesen Reizen zurechtzukommen. Wenn ich dann nochmal auf die Geschichte zurückkommen darf, die waren irgendwo auf einer Herde, da gab es keine Autos, da gab es diese Vielzahl an Reizen nicht. Die müssen in der Stadt lernen, damit umzugehen. Das heißt, viel Ruhe üben.
ERICH:
Also ist es schon etwas, dass man sich bewusst sein muss, wenn man sich so einen Hund in die Stadt holt, da aufgrund der vielen Reize es einfach schwieriger ist, für den Hund damit umzugehen und wir diesen Umgang dem Hund auch gut beibringen müssen.
TABITHA:
Ja, ganz bestimmt. Wenn man den Hund als Welpe bekommt. Dann wirklich mal in den Park setzen, dort vielleicht einen Kauartikel geben, einfach um, während da die Leute vorbeispazieren, der Hund merkt, da kann man auch ganz ruhig liegen, während andere Leute vorbeispazieren. Also alles, was mit Ruhe zu tun hat, viel üben. Hochfahren kann man die Hunde von 0 auf 100 in wenigen Sekunden. Das muss man mit denen nicht üben. Also viel wichtiger ist Ruhe, zu Hause Ruhe machen, Ruheübungen, eben wie, dass man den Hund auch unterstützt, eine Schleckmatte ins Körbchen geben, um zu lernen runterzufahren. Ganz wichtig finde ich auch, wenn man viel gespielt hat und der Hund so noch am obersten Level der Erregung ist, weil es gerade so lustig ist, das Runterspielen. Also dann nicht Spielzeug weg und dann steht er mit seinen hochgepushten Hormonen da, sondern das langsam weniger werden lassen und vielleicht zum Schluss noch ein paar Kekse zusammenschnüffeln, dass die Hormone auch Zeit haben, wieder runterzufahren. Das ist da ganz, ganz wichtig bei den Hunden, dass die wirklich lernen, wie komme ich wieder runter und vielleicht sogar bewusst mit dieser Erregungskurve spielen. Das heißt, ich drehe den Hund wieder hoch, was ja wie gesagt in Millisekunden geht, und dann fahre ich den wieder runter und dann spiele ich wieder hoch und dann fahre ich den wieder runter. Dadurch lernen die, dass sie auch ruhig durch die Welt gehen können.
ERICH:
Es ist ein sehr wichtiger Punkt, den du hier ansprichst, dieses bewusste Üben vom auch schnellen wieder runterfahren. Ja, genau. Und wieder runterholen, wieder ruhig werden. Und wahrscheinlich ist das aber auch wichtig bei diesen Hunden, immer wichtig, einen guten Züchter zu finden, sich einen guten Züchter zu suchen, wenn man einen Welpen haben möchte, wo auch schon Viel passiert.
TABITHA:
Ja, genau. Also diese Sozialisierung, diese acht bis zwölf Wochen, je nach Züchter würde ich sagen, sind da auch sehr wichtig, dass die Sozialisierung gut funktioniert und dass die schon die ersten Reize miterlebt haben. Das kann sein, weil sie alle zusammen in einer Box zum Tierarzt fahren, dann sind sie schon mal Auto gefahren. Dass man mal einen kleinen Ausflug macht, das heißt auch vielleicht in eine Kiste packt und dann mit denen wohin fährt und dass sie dort schon mal was erlebt haben, dass sie einen Staubsauger zu Hause erlebt haben und so weiter. Dass sie verschiedene Untergründe schon kennengelernt haben. Es sind ja auch meistens sehr sensible Hunde und tun sich sehr schwer mit unklaren Signalen von Menschen. Aber je mehr, dass sie schon kennenlernen, und je klarer, dass man auch in der Kommunikation ist, desto besser ist es für die. Es sind ja auch sehr intelligente Hunde, sagt man. Ich würde das auch für meine Hündin auch sagen. Und ein Fehler, ein kleiner, der setzt sich dann fort. Also das ist gelernt. Aha, denkt sie sich, das mache ich wieder, dann kriege ich einen Keks. Also so Verhaltensketten, also eine Verhaltenskette, wenn man sozusagen eins nach dem anderen macht. Das mag man ja vielleicht bei gewissen Sachen, wie beim Apportieren. Es ist ja nichts anderes als eine Verhaltenskette. Da mag man das. Bei anderen Dingen mag man das nicht. Wie zum Beispiel, dass der Hund immer nach vor läuft, damit ich ihn pfeifen muss und er dann einen Keks kriegt. Das wäre eine Verhaltenskette, die ich nicht mag. Und da sind diese Hunde schon sehr gefährdet, das zu lernen und sich zu denken, da laufe ich immer weg, weil dann pfeift sie mir und dann kriege ich einen Keks. Also da muss man aufpassen.
ERICH:
Sehr, sehr spannend. Aber jetzt hast du es selbst angesprochen und jetzt frage ich dich natürlich, wenn ich so eine Verhaltenskette aufgebaut habe, unabsichtlich eine, die ich nicht haben möchte, wie komme ich da wieder raus?
TABITHA:
Das Wichtigste bei so Verhaltensketten ist ja fast, dass es mir auffällt. Oft fällt es einem gar nicht auf, aber sobald ich weiß, das ist eine Verhaltenskette, dann kann man die relativ leicht unterbrechen. Wenn wir jetzt bei diesem Beispiel waren, dann pfeife ich die mal früher zurück oder ich belohne dann einmal nicht mehr und schleiche dann die Kekse aus und dann kriegt man die Verhaltenskette auch wieder gelöst. Oder man macht mal was anderes, sodass sich der Hund merkt, jetzt passiert nicht immer wieder dasselbe und ich kriege immer wieder einen Keks. Zum Beispiel könnte man in dem Fall, wenn der Hund noch vorläuft, ihn dann nicht zurückrufen, sondern ein Sitz auf Entfernung machen. Und wenn er dann dort sitzt, dann läuft er auch nicht mehr weiter weg, weil ich will ja in dem Moment, dass er nicht weiter wegläuft. Und trotzdem gibt es keinen positiv aufgebauten Rückruf, weil wenn so ein Rückruf positiv aufgebaut ist, ist ja das Schönste für den Hund zurückzukommen. Und da muss man sich sozusagen einfach eine andere Möglichkeit suchen und dann klappt das ganz gut.
ERICH:
Okay, das Wichtigste ist zu erkennen, dass es sich um eine Verhaltenskette handelt. Dann kann man die auch relativ gut wieder auflösen. Super.
Du hast uns zu Beginn schon viele Beschäftigungsformen genannt für den Hund, hauptsächlich drinnen. Draußen hast du das Treibball erwähnt. Was gibt es noch, dass man Outdoor machen kann von diesen Hundesportarten, wenn man gerne was machen möchte und gerne draußen ist?
TABITHA:
Also ich persönlich mache kein Hoopers, weil es in meiner Umgebung, Entschuldigung, ich persönlich mache kein Agility, weil es in meiner Umgebung viele Agility -Angebote gibt. Was ich aber mache ist Hoopers. Das, würde ich sagen, ist Agility, aber ohne Sprünge. Somit können das Welpen machen, können das Alte machen und man läuft dabei durch sogenannte Hoops, was Bögen sind und da wird der Hund durchgeschickt. Ein weiterer großer Unterschied zu Agility ist, dass man nicht mitläuft. Das heißt, man dirigiert seinen Hund aus einem 2x2 Meter Feld, teilweise über 20, 30 Meter. Ich gestehe, so weit sind wir noch nicht, aber das wäre das Ziel. Das ist sehr viel Distanzarbeit. Das ist für Hunde dieser Gruppe. einfach auch sehr gut gemacht. Weil wenn man sich Border Collies bei der Arbeit ansieht, die sind 300, 400 Meter weg. Von dem rede ich jetzt eh nicht. Aber diese Distanzarbeit finde ich jetzt ganz toll. Das ist auch für die Entwicklung des Hundes und der Beziehung finde ich so schön. Weil man muss dabei sehr klar kommunizieren, wo der Hund hin muss. Wenn da die Körpersprache nicht passt oder das Signalwort zu spät kommt, dann wird es für den Hund schwer. Das heißt, es ist auch für den Menschen ein schwieriges Training, finde ich, gerade zu Beginn, dass man sich selbst gut koordiniert, wo schaut mein Körper hin? Und dann ist es eine wirklich harmonische Zusammenarbeit zwischen dem Hundeführer und dem Hund. Und der Hund lernt auch sehr auf den Menschen zu hören, weil er ja nicht weiß, muss er vorher links oder rechts. Es ist ja nicht immer derselbe Bewegungsablauf. Weil natürlich - die Hunde lernen dann, ah, vorher links, dann rechts, dann einmal rund um den Ball laufen. Aber bei dieser Art, bei Hoopers oder auch bei Treibball ist es so, dass der Hund schon zuhören muss. Was denn der Mensch da so in 10, 20 Meter Entfernung sagt. Also sowas würde ich machen. Was auch geht, ist so Frisbeespiele zum Beispiel. Fällt für mich in dieselbe Kategorie wie Ballspiele. Da muss man halt dann einfach vorsichtig sein, keinen Ball -Junkie zu bekommen. Das heißt, man kann die Frisbeescheibe gerne werfen. Das kann man sehr gut mit Impulskontrolle vereinbaren. Das heißt, man lässt den Hund absitzen, schießt die Frisbeescheibe, dann kann der Hund dann auch noch Platz machen, drei Meter Fuß gehen und dann schickt man ihn die Frisbeescheibe holen. Und natürlich darf er die Frisbeescheibe auch mal im Flug fangen. Aber so diese Abwechslung macht es, dass der Hund darauf hört, was sagt mein Mensch. Das ist dasselbe wie bei den Ball -Junkies, so weit sollte man es ja gar nicht kommen lassen.
ERICH:
Und du glaubst, aufgrund ihrer hohen Reizbarkeit sind sie sehr anfällig für dieses Junkietum, das man ja besonders von Terriern kennt und wirklich zur Sucht werden kann?
TABITHA:
Genau, und wenn es so weit ist, dann ist der Hund ja schon süchtig, dann hat man es ja schon lange vorher übersehen und Sucht ist auch für den Hund nichts Schönes. Was man natürlich mit den Hunden auch gut machen kann, das sind ausdauernde Läufer, und wenn man gerne joggen geht, dann kann man sich da den Hund in der Stadt ja vorne mit so Bungee -Leinen, würde ich sagen, vorne dranhängen mit speziellen Geschirren, dass die gut liegen, da gibt es spezielle Geschirre, die haben dann überhaupt keinen Verschluss oder so. Die werden nur über den Hund drüber gestülpt oder drüber angezogen. Und wenn die gut sitzen, dass die Bewegung nicht eingeschränkt ist, dann ist Joggen oder Radfahren und die Hunde vorspannen auch sehr gut. Muss man halt schauen, dass man in der Stadt es dann nicht auf Asphalt macht, weil 10 Kilometer auf Asphalt laufen ist für keinen Hund gut. Das muss man auch mit erwähnen.
ERICH:
Das mache ich auch mit Lisa, so Carincross -Geschirre gibt es da extra dafür. Was ich noch wichtig finde, hier zu sagen, ist, dass man sich selbst auch ein gut sitzendes und passendes Geschirr kauft und nicht auf die Jogginggurte von irgendwelchen billigen Herstellern zurückgreift.
TABITHA:
Ja, das glaube ich. Das muss dann gut bei der Hüfte anliegen, damit das nicht auf das eigene Kreuz geht. Ganz wichtig finde ich dabei auch, dass man die Leinenführigkeit beachtet und auch deshalb finde ich es gut, wenn es ein anderes Geschirr ist, wo der Hund weiß, da darf er ziehen und bei dem anderen Geschirr wird nicht gezogen.
ERICH:
Das ist auch eine gute Anmerkung, dass man also für jede Tätigkeit des Hundes eine eigene Arbeitsuniform hat, das macht das Unterscheiden einfacher.
TABITHA:
Ja, genau. Und das fühlt sich für den Hund auch sicher anders an, dieses Geschirr. Und dann weiß er auch, dass er da ziehen darf. Und bei Canicross will ich ja, dass der Hund zieht. Und viele Hunde, also meiner Hündin, jetzt bin ich zwar nicht so sportlich, aber meiner Hündin taugt das, wenn ich es mache, richtig. Also die zieht da vorne weg, das macht ihr richtig Spaß.
ERICH:
Sehr cool. Dann fasse ich einfach nochmal zusammen, was wir besprochen haben und du ergänzt, sollte ich irgendetwas vergessen haben. Als erstes einen guten Züchter finden, der schon viel mit den Hunden gearbeitet hat, denen schon viel beigebracht hat. Dann Grunderziehung im Sinne von viel Impulskontrolle, alleine bleiben, Beschäftigung zu Hause, viel Kopfarbeit, Tricktraining, Schnüffelarbeiten, um den Hund kopfmäßig gut auszulasten, damit er später zur Ruhe kommen kann, damit ich das überhaupt mal mit ihnen üben kann. Und dann irgendwelche Tätigkeiten, die man draußen mit dem Hund machen kann, irgendeine Hundesportart, vielleicht sogar etwas im Sinne von Distanzarbeit, da es sehr gut zu diesen Hunden passt.
TABITHA:
Ja, also es spricht natürlich auch nichts gegen Agility, macht den Hunden alle Spaß. Also es muss nicht Distanz sein. Ich mag es gern mit Distanz. Ich finde, es ist so Bindungsfördernd und man muss da viel besser zuhören. Der Hund muss viel besser zuhören, aber es muss jetzt nicht Distanz sein. Es ist nur mein Steckenpferd. Agility würde genauso gehen oder Dogdance oder solche Sachen.
ERICH:
Okay, also einfach irgendetwas, wo der Hund mal hochkonzentriert arbeiten kann. Möchtest du noch etwas sagen? Möchtest du noch etwas ergänzen?
TABITHA:
Du hast ja eingangs erwähnt, dass es auf Instagram so aussieht, als sein wir ein eingespieltes Team. Das würde ich jetzt gerne nochmal aufgreifen. Ich glaube auch, wir sind ein eingespieltes Team. Aber ich muss gestehen, da ist man selbst Hundetrainer und hat den Hund auch nicht immer im Griff. Leider ist Gypsy sehr jagdlich ambitioniert. Und das möchte ich vielleicht auch nochmal mitgeben. Ich war ja der Meinung, so vor meiner Ausbildung, ich nehme einen Hütehund, weil er jagt nicht. Jetzt weiß ich, das Hüten ist ja ein Teil der Jagdkette. Jetzt weiß ich auch, warum meine Hündin jagt. Das möchte ich vielleicht nochmal mitgeben. Also, dass so Hütehunde durchaus ganz gerne jagen, weil diese bewegten Reize dann, die gehören gestoppt. Und meine Hündin möchte halt dann bitte den Hasen stoppen. Also natürlich arbeiten wir dran, es ist auch schon besser geworden, aber das vielleicht auch nochmal ergänzen, dass man da nicht drauf reinfällt, zu sagen, ja, ein Hüttenhund jagt nicht. Nein, Hüten ist ein Teil vom Jagen.
ERICH:
Sehr gut, dass du das sagst, weil es etwas ist, das ja häufig Thema ist, aber eines von den Dingen, das Leute dann nicht wollen oder sie sich wirklich schwer tun damit. Ich rate ja gerne dazu, wenn man sich überlegt einen Hund zu nehmen, schon vorab mal mit einem Trainer zu sprechen, Trainerin zu sprechen. Die kann einen dann auch bei der Anschaffung beraten, beim Aussuchen beraten, aber einem auch vor allen Dingen schon vorher erzählen, erklären, worauf man sich da einlässt.
TABITHA:
Und Gypsies Geschwister jagen auch nicht, aber bei manchen kommt die Genetik dann einfach durch und dann - das kommt oft mit der Pubertät und vorher ist alles, wie es sein soll. Und auf einmal schlägt die Pubertät zu und es kommt das Territorialverhalten. Und viele dieser Hütehunde sind ja dann auch so Haus - und Hofhunde wie der Australian Shepherd, die dann auch ein gewisses Territorialverhalten haben. Das sollte man sich auch bewusst sein. Und mit dem kommt dann auch noch das Jagen dazu.
ERICH:
Also schon ein Paket, dass man sich da ins Haus holt. Sollte man sich gut überlegen, ob man das auch haben möchte. J
TABITHA:
Ja ist so. Aber ich glaube, das trifft auf viele Hunde zu. Bei Jagdhunden sind es halt dann andere Herausforderungen. Aber jeder Hund wurde ja für irgendwas gezüchtet. Und diese wurden zum Hüten gezüchtet. Und da muss man halt von vornherein aufpassen, dass sie nicht hüten und die Kinder hüten und Autos hüten und Radfahrer hüten. Das muss man halt von Anfang an sehr ruhig, muss man sie an das Ganze dran gewöhnen, dann klappt das aber schon sehr gut. Sie sind ja sehr lernfähig und somit klappt es dann auch.
ERICH
Ja, und das ist ein wichtiger Punkt, den du sagst, dass wir den Leuten einfach mitgeben, dass Themen mit jedem Hund aufkommen können und das nicht von einer Rasse abhängt. Ich finde es wichtig, dass sich Leute eben deshalb auch schon vorher informieren, bevor sie sich einen Hund holen, weil sonst ist das halt wieder die Aufgabe von Trainerinnen und Trainer, dorthin zu gehen und den Hunden Dinge abzutrainieren, für die sie eigentlich gemacht worden sind.
TABITHA:
Genau, dann kauft man sich einen Hund, weil er süß aussieht und zeigt aber dann ganz normal hündisches Verhalten und in dem Fall vielleicht zwickt er das Kind in den Fuß. Natürlich soll er das nicht tun, da gibt es eh keine zwei Meinungen dazu. Aber der Hund wurde für das gezüchtet. Und wenn man da nicht von Anfang an dran bleibt und den gut auslastet, dann braucht man sich am Ende nicht wundern, wenn er das auslebt, für was er gezüchtet wurde.
ERICH:
Und das Problem ist ja hier, dass gerade diese Hüte- und Treibhunde meist sehr süß aussehen und auch Hunde sind, die man öfter mal sieht, auch in der Stadt.
TABITHA:
Ja, das stimmt. Ja, leider ist der Australian Shepherd mittlerweile ein bisschen ein Modehund geworden. Vielleicht auch da nochmal der Hinweis auf den Züchter, du hast es schon erwähnt, aber den ja nicht aus dem Internet kaufen. Da gibt es so viele, bei allen Modehunden und unter anderem auch beim Australian Shepherd, da gibt es so viele Vermehrer, die nicht darauf schauen, woher der Hund kommt, ist er krank, hat man zwei Merle verpaart, was ja dann zur Qualsucht führen würde. Und deshalb unbedingt auf einen guten Züchter schauen, schauen, wie geht es der Mutterhündin, leben die eh wirklich im Familienverband. Gut informieren, also das ist da wirklich ganz, ganz wichtig.
ERICH:
Ja, generell würde ich auch immer empfehlen, wenn man den Hund nicht aus dem Tierschutz holen möchte oder kann, weil es halt unbedingt dieser Hund von dem Züchter sein soll oder dieser Rassehund sein soll, würde ich darauf bestehen, immer die Elterntiere zu sehen und wo wächst der Hund auf, um da einfach sicherzugehen.
TABITHA:
Ja, unbedingt. Weil diese Vermehrerstationen, das ist wirklich ganz schreckliches Leid, was den Hunden dort passiert. Und auch, welche Hunde man da kriegt, weil die sind dann oft krank, ein Leben lang krank. Das will man ja auch nicht haben. Und dann ist wieder das Thema, ja, aber da muss ich ein halbes Jahr warten. Ja, da muss man ein halbes Jahr oder ein Jahr warten. Das ist halt einfach so. Oder man geht in den Tierschutz und vielleicht findet man ja dort was.
ERICH:
Ich glaube auch, dass man sich oft auf einen Hund eingeschossen hat oder auf eine Rasse eingeschossen hat, was ja völlig okay ist und deshalb zum Züchter geht. Aber ich bin auch überzeugt davon und spreche aus eigener Erfahrung, wenn man ins Tierheim geht, den Tierschutz geht, es gibt sicher immer einen Hund in den man sich verliebt.
TABITHA:
Ja, das glaube ich auch. Ich gestehe, ich habe Gipsy vom Züchter, aber ich bin ganz deiner Meinung, da würde es ganz bestimmt auch im Tierschutz einen gegeben haben, der ganz toll zu mir gepasst hätte. Ganz bestimmt.
ERICH:
Danke, liebe Tabitha. Das war es auch schon. Möchtest du noch irgendetwas sagen? Beziehungsweise möchtest du irgendeinen Tipp hier lassen? Es kann alles sein, was du möchtest. Ein Buchtipp zum Thema, nicht zum Thema, Film, vielleicht ein Song?
TABITHA:
Ja, ich würde voll gern Songs empfehlen.
ERICH:
Ich habe eigentlich zwei Songs, die aber für mich wirklich, ja, die zwei Songs sind, wenn mich jemand fragt. Das eine ist Don't Stop Me Now von Queen, weil das irgendwie, also egal, wie man da drauf ist, aber nach dem Song, ich zumindest, da kann ich dann die Welt niederreißen. Das ist irgendwie sehr, ja, also für mich ein wirklich sehr, sehr guter Song, der mich da irgendwie, wie gesagt, aus jeder Stimmung irgendwie wieder rausreißen kann. Und der zweite Song wäre dann Imagine von John Lennon, einfach weil der Text halt wirklich gut ist, wo man sich denkt, ja, so könnte es sein, so könnte die Welt sein.
ERICH:
Wenn du ein Lied empfiehlst, dann empfehle ich auch ein Lied und wir starten damit unsere offizielle Spotify -Liste. Und zwar habe ich es heute in der Früh auf FM4 gehört, eine Cover -Version von einem Sugar Babes Song, der mir sehr gut gefällt, Overload. Und die Version von der Band Culk ist auch sehr super. Ihr findet sie auf unserer Spotify -Liste.
Danke, Tabitha, fürs Kommen und ich hoffe wir sprechen uns vielleicht irgendwann nochmal.
TABITHA:
Ja, ich sage auch danke nochmal für die Einladung. Würde mich freuen, wenn wir uns wieder mal treffen.
ERICH:
Danke fürs Hören dieser ersten Folge. Alle Infos findet ihr in den Shownotes genauso wie den Link zur Spotify -Liste und den Link zur vollständigen FCI-Rassenliste und auch alle Infos zu Tabitha und was uns sonst so einfällt. Geht respektvoll miteinander um, ganz egal ob Mensch oder Hund. Bis zum nächsten Mal und Ciao.