Windhunde in der Stadt

Pfoten auf Asphalt - Folge 5: Windhunde in der Stadt

In der fünften Folge von Pfoten auf Asphalt dreht sich alles um die spannende Welt der Windhunde (FCI Gruppe 10). Gemeinsam mit Melanie von Hundetraining BaBo sprechen wir darüber, wie Hunde aus dieser Gruppe das Stadtleben meistern können und welche Herausforderungen und Besonderheiten sie mitbringen.

 

Highlights der Folge:

  • Windhunde als Jagdhunde:

    Windhunde sind Sichtjäger, das heißt, sie erspähen Beute (z. B. Hasen) mit ihren Augen und hetzen sie. Sie unterscheiden sich dadurch von anderen Jagdhunden, die vor allem auf den Geruchssinn setzen.

  • Herausforderungen für ehemalige Renn- und Jagdhunde:

    Viele Windhunde aus dem Auslandstierschutz stammen aus dem Rennsport oder der Jagd und wurden unter fragwürdigen Bedingungen gehalten.

  • Windhunde sind oft sensibler als gedacht:

    Trotz ihres sportlichen Erscheinungsbilds sind sie oft ruhige, anhängliche Hunde und richtige „Couch-Potatoes“.

Praktische Tipps:

  • Rückruftraining als oberste Priorität:

    Ein hundertprozentig funktionierender Rückruf oder ein sicheres „Stopp“-Signal kann lebensrettend sein, insbesondere bei jagdlich motivierten Hunden.

  1. Geeignete Auslastung bieten:

    Reizangeltraining, Agility oder Hobby-Rennbahnen können Windhunden eine sichere Möglichkeit geben, ihre natürlichen Bedürfnisse auszuleben.

  2. Bewusst für einen Windhund entscheiden:

    Wer einen ehemaligen Jagd- oder Rennhund adoptiert, sollte sich im Klaren sein, dass oft intensives Training und Management nötig sind. Trennungsstress oder Futterunsicherheiten können auftreten, daher sollte man sich im Zweifelsfall frühzeitig professionelle Hilfe holen.

“Geht respektvoll miteinander um, egal ob Mensch oder Hund.”

Alle Infos und die vollständige FCI-Rassenliste findet ihr in den Shownotes. Außerderm der Link zum Pfoten auf Asphalt-Insta-Account. Dort reiche ich auch Melanies Tipps nach!

Hört rein und erfahrt, wie ihr das Leben für euch und euren Hunden in der Stadt entspannter gestalten könnt! Neue Folgen gibt es alle 14 Tage.

Shownotes:

Quellen und Links:

Rasseliste FCI 10

Pfoten auf Asphalt Podcast auf Instagram

Pfoten auf Asphalt Spotifyplaylist

Filmtipp Erich: Galgo Español – das tragische Schicksal der spanischen Windhunde

Tipp Erich: Galgo Hilfe

Tipp Melanie: ACME Pfeifen

Bei Fragen schickt uns ein Mail an pfotenaufasphalt@grossstadthund.com

Transkript:

ERICH:

Hallo und herzlich willkommen bei Pfoten auf Asphalt, dem Podcast für Stadtmenschen mit Hund und alle, die es werden wollen. Ich bin Erich, euer Host, und heute spreche ich mit Melanie. Melanie ist selbst Hundetrainerin und hat eine Hundeschule in der Steiermark. Einige von euch kennen sie vielleicht schon, da sie schon mit mir über Begleithunde gesprochen hat. Heute ist sie hier, um mit mir über Windhunde zu sprechen, da sie selbst einige im Training hat. Aber für alle, die Melanie noch nicht kennen, Stell dich bitte noch einmal vor.

MELANIE:

Ja, sehr gerne. Vielen lieben Dank wieder für die Einladung, Erich. Ich bin die Melanie aus der schönen Steiermark, Nähe Graz. Habe selber eine kleine private Hundeschule unter dem Namen Hundetraining Babo. Habe selber zwei Hunde, habe eine Schäferhündin, eine weiße und einen Chihuahua, wie du schon erwähnt hast. Ja, und vor allem, gehe ich gezielt drauf ein auf kleine Hunderassen, weil mir das wichtig ist, dass die genauso erzogen werden wie große, dadurch, dass ich da ja den ganz guten Vergleich habe. Und du hast mich ja heute eingeladen, weil wir darüber gesprochen haben, dass ich ja eigentlich... verhältnismäßig relativ viele Windhunde bei mir im Training habe und ich dadurch ein bisschen eine Erfahrung mitbringen kann, auch wenn ich selber keinen habe.

ERICH:

Deshalb umso mehr danke, dass du dich bereit erklärt hast, mit mir zu sprechen. Und mich wundert es gar nicht, dass du sagst, dass relativ viele davon im Training sind, da mir auch auffällt, dass man recht viele, vor allen Dingen so die kleineren wie Wippets, häufig sieht. Aber magst du uns mal erzählen, was für Rassen denn noch zu den Windhunden gehören? Weil es ist ja eine recht große Gruppe.

MELANIE:

Das ist ein großes Thema. Es gibt total viele Rassen. Die Windhunde sind ja eine der ältesten Hunderassen, die es gibt. Wir können die ja schon mal unterteilen in die westlichen Windhunde, in die östlichen, also die orientalischen und die mediterranen Windhunde. Die unterscheiden sich auch vom Aussehen ein bisschen. Unter die westlichen fallen zum Beispiel die Greyhounds, die Wippets, die du schon erwähnt hast, die Galgos, das Windspiel, auch die Lurcher, aber die sind nicht vom FCI anerkannt, die Lurcher. Die sind zum Beispiel vom Aussehen her, haben die so kleine nach hinten gefaltete Ohren und die haben so einen muskulösen Körper. Dann haben wir die östlichen, das sind zum Beispiel die Salukis, die stammen aus dem mittleren Osten oder die Afghanen, wie es der Name schon sagt, die kommen aus diesem Bereich. Die haben eher so hängende Ohren und die sind eher ausdauernder als westliche Hunde, die haben ein bisschen einen anderen Körperbau Staxihaxi. Die Afghanen sind dann meistens die mit dem schönen langen Fell, die man kennt. Und dann haben wir da die Mediterranen, wo mir zum Beispiel der Podenco einfällt, die haben so eher die großen Ohren, denen fehlt auch das schwarze Pigment, also in Ohren und Augen. Die haben da keine schwarzen Pigmente in der Haut. Und die sind von den drei Gruppen quasi auch die mit dem schlimmsten Jagdtrieb. Weil die Jagdhunde, Entschuldigung, die Windhunde sind ja eigentlich Jagdhunde. Die kommen aus dem Gebrauchshundebereich und werden gezielt als Hetzhunde eingesetzt. Und deswegen haben die alle auch diesen Körper, weil sie den dazu benötigen, für die Hetzjagd. Also generell, auch wenn wahrscheinlich jedem ein Windhund bekannt ist, ich erkläre es trotzdem gerne, es sind meistens eher so die mit den langen Beinen, dem schlacksigen Körper, dann haben die eine tiefe Brust, damit auch die Lunge und das Herz Platz drinnen haben. weil die eben extreme Sprintleistungen zeigen können und auch zeigen sollen.

ERICH:

Genau. Wie du schon sagst, es sind sehr schlanke Hunde, langbeinige Hunde, sehen sehr elegant aus, sind deshalb wahrscheinlich auch sehr beliebt, haben aber auch einen anständigen Jagdtrieb, sind Sichtjäger und auch sehr, sehr, sehr schnell. Sie sind ja auch schneller als Geparden, aber bevor ich jetzt so mein Halbwissen, mein gefährliches verbreite, möchtest du uns genauer erzählen, wofür diese Hunde gemacht sind?

MELANIE:

Eben, wie du schon ansprochen hast, das sind Sichtjäger, also für die, die nicht wissen, was das heißt, die sind jetzt nicht unbedingt die, die die Nase auf den Boden setzen und mit der Nase nach der Fährte suchen, um das aufzustöbern, sondern die schauen sich wirklich in ihrer Umgebung an und das ist eben... Tatsächlich auch meistens dann ein Problem bei den Windhunden, weil die sehen das Wild. Meistens eben kleine Beute, Hasen, erspähen das und die hetzen das und die töten das aber dann auch. Also das ist der Unterschied zu den anderen Jagdhunden oder Hetzhunden. Die sind auch dafür da, dass die das töten. Das heißt, die stöbern das nicht nur auf und zeigen das an, damit das dann der Jäger für sie tut. sondern die töten das meisten selber und bringen es dann oder warten dann dort. Und in der Jagd selber, sie werden ja in Marokko, Spanien, Russland, Irland auch noch heute eingesetzt für die Jagd. Entweder eben einzeln, zu zweit oder auch in so kleineren Gruppen sind die da unterwegs und werden eben für die Jagd eingesetzt.

ERICH:

Das ist aber auch so ein bisschen das Schicksal dieser Hunde, zu langsam werden für die Jagd oder auch für die Hunderennen, dass die dann da ganz schnell, ich nenne es mal, aussortiert werden.

MELANIE:

Ja genau, also das ist leider das Problem. Ich habe sogar zwei, nein drei, drei Windhunde bei mir im Training (aus dem Auslandtierschutz). Das sind einmal zwei Greyhounds und ein Lurcher. Genau, der Lurcher, Entschuldigung, die sind nur Alle beide von derselben Kundin. Der Lurcher ist nicht Ausländer, aber die anderen zwei sind tatsächlich aus dem Rennsport und die können auch adoptiert werden. Also so ist es nicht. Es gibt auch Organisationen, die die dann rausholen und adoptieren, aber da sind sie schon in unendlich grausamen Bedingungen gehalten worden, wie der eine, der hat sich seinen Fuß gebrochen und ist halt deswegen aussortiert worden. hat Gott sei Dank heute keine Probleme mehr wirklich damit. Und die andere zum Beispiel, die hat sich auch verletzt. Das ist aber eine Hündin. Und die war aber recht gut im Rennen. Und die ist dann halt dann noch in kleinen Boxen gehalten worden und nur um gedeckt zu werden zum Züchten. Also es hat schon seine Schattenseiten, diese Rennen. Also leider sind die ja immer noch erlaubt.

ERICH:

Ich dachte, das ist verboten, zumindest so wettbewerbsmäßig und wo man halt wetten kann und so.

MELANIE:

Ja, wobei es auch noch die gibt quasi mit der Hobby -Rennbahn. Die gibt es ja auch noch, die es hobbymäßig machen. Wobei nicht unter diesen Bedingungen, wo auch die Wetten gesetzt werden. Also diese richtigen Sprintrennen mit den Wetten sind ja das eigentliche Problem.

ERICH:

Und so ist es halt bei uns. Und nichtsdestotrotz weiß man ja, dass es in anderen Ländern ganz... anders aussieht, wie eben diese Hunde gehalten werden. Aber für mich ist es dann gleich noch so ein bisschen schwieriger, so einen Hund zu sehen, weil ich finde ja, man sieht ihnen ja schon so an, dass die eher sensible Wesen oder Seelen sind. Würde ich mal so ausdrücken. Würdest du das auch sagen? oder was macht diese Hunde sonst noch aus, charaktermäßig?

MELANIE:

Ja, genau, sie sind sehr sensible und zurückhaltende Hunde, eben auch sehr ruhig. Sie tun extrem gern Kontaktliegen, also das habe ich auch bei meinen Kundenhunden gemerkt, sobald man sich wohin setzt und mit dem Halter was bespricht, liegt auf dir ganz sicher ein Hund drauf. Sie sind also ziemliche Couch-Potatoes sozusagen, es heißt... Um auf dein Thema zwecks Stadthunde einzugehen, meiner Meinung nach gar nicht so abwegig so einen Hunde in der Stadt zu halten, weil man glaubt, dass die zwar extrem viel Auslauf brauchen, es stimmt gar nicht so in diesem Sinn. Es sind nämlich Sprinter, das heißt, die sind jetzt nicht auf Ausdauer drauf und ich muss die ganze Zeit rennen und Vollgas und mega. Sondern die geben sich schon ziemlich gut zufrieden, wenn man denen ab und zu mal einen Sprint ermöglichen kann. Das ist natürlich immer ein bisschen schwierig. Es ist auch bei uns am Land schwierig, weil ich meine, was habe ich am Land? Ich habe Reh, ich habe Hasen. Wenn ich den da ableine und kein dementsprechendes Rückruftraining mit dem gemacht habe, ist der genauso weg bei mir. Also von dem her, finde ich das jetzt dann nicht unbedingt abwegig, den in der Stadt zu halten.

ERICH:

Aber wie ermöglichen wir dann diesen Hunden den Spaß des Sprintens? Also wenn ich jetzt Laie wäre, würde ich vielleicht sagen, Tracker drauf, geht schon, viel Spaß.

MELANIE:

Also ich muss ja dazu sagen, Tracker natürlich unbedingt, bin aber jetzt nicht unbedingt der Fan von einem Freilauf, wenn der Rückruf nicht sitzt. Weil, wie gesagt, das sind Jäger und die sind teilweise schneller als die Hasen. Und das ist doch auch unfair gegenüber dem Wild, wenn ich meinen Hund einfach sage, ich leine den ab und tschüss die Waldfee und du kommst ja dann eh irgendwann wieder, wenn du dich... ausgepowert hast und fertig bist, das ist unverantwortlich. Das ist unverantwortlich anderen Menschen gegenüber, unverantwortlich der Natur gegenüber und auch meinem Hund gegenüber. Ich habe eine Verantwortung für den Hund und ich kann den einfach nicht nur abhängen und sagen, ja, hoffentlich kommst du wieder zurück quasi auf diese Art. Also bei mir gibt es keinen Freilauf ohne einen passenden Rückruf und das ist jetzt auf jeden Hund bezogen und nicht nur auf die Windhunde. Wenn der Rückruf nicht sitzt, dann dürfen die Hunde nicht von der Leine. Punkt, Aus, Ende. Das ist ganz ehrlich meine Meinung. Ansonsten muss ich mir einen Bereich suchen, der eingezäunt ist, damit der sich ausleben kann und wo ich weiß, dass der jetzt nicht gerade unbedingt in diesem eingezäunten Bereich irgendwas erlegen kann quasi. Weil was haben wir noch für ein Problem? Ich habe davon gelesen, ich selber hatte es noch nicht. Aber die verwechseln auch gerne kleine Hunde anscheinend mit Beute. Also da muss man auf der Hundewiese auch aufpassen, dass wenn ich den dann abhänge und der hat einen extremen Jagdtrieb, nicht, dass der mir den Chihuahua apportiert.

Also das ist schon wichtig. Und ich persönlich muss aber dazu sagen, die Windhunde bei mir im Training haben nicht diesen Jagdtrieb. Also es sind ja alles eher die westlichen Hunde, die bei mir im Training sind. Von dem her habe ich nicht dieses Thema damit, dass die viel auf die Jagd gehen. Wir haben eher so das Thema, dass die das Problem haben mit Trennungsstress. Dadurch, dass die so anhänglich sind und auf ihre Menschen bezogen sind, haben wir ein extremes Trennungsproblem.

Auch wenn die zu dritt sind, da hat die eine Hündin angefangen und die zweite hat es mit übernommen. Einzig allein der Rüde, dem das absolut alles nicht interessiert. Der sagt eher so, Ladies, entspannt euch, lehnt euch zurück, sie kommt eh wieder. Aber wir haben mehr so dieses Trennungsstressproblem und dadurch, dass die halt auch so aus den Zwingerhaltungen kommen und so, haben wir da auch das Problem, die dürften auch ziemlichen Futterstress gehabt haben, weil die echt um Futter streiten. Also da muss man auch sehr aufpassen, dass die nicht einfach nur einen Socken, den sie gerade finden, fressen. Also die fressen alles zusammen, was die finden. Also da haben wir eher dieses Problem gehabt und da haben wir eher... wie an einem Giftköder -Training gearbeitet, als an einem Jagdtrieb -Training. Also das war bei uns gar nicht so das Thema.

ERICH:

Aber wenn die aus solchen Verhältnissen kommen, kann ich mir schon vorstellen, dass eben dieser Nahrungsentzug dazu beitragen soll, damit sie dann gescheit jagen oder halt für ihre Belohnung arbeiten, das Rennen schnell machen.

MELANIE:

Ja, genau, aber es geht ja beim Rennen darum, die jagen da einen Hasendummy. Und die müssen ja auch auf diesen Hasendummy abfliegen. Und somit ist es ja im Sinne, dass die leider auch hungrig sind. Also tierschutzrechtlich eine Katastrophe. Es ist aber auch ganz interessant, sie sind dafür recht schwer zu motivieren. Also von dem her, ich kann da mit einem Leckerli kommen. Tja, das muss halt auch nicht sein. Also was heute funktioniert hat, kann morgen schon wieder was anderes sein. Also die sind nicht bestechlich. Die meisten sagen dazu, dass die dumm sind, weil die sich einfach nur nicht bestechen lassen. Aber das stimmt gar nicht. Die sind einfach nur so schlau. Die sind einfach Spezialisten darin und die sagen einfach... Nö, wenn sich das nicht auszahlt, warum sollte ich das machen? Und die sind einfach so hochintelligent, dass die schon das abwägen, zahlt sich das jetzt aus oder zahlt sich das nicht aus? Und somit wird das leider oft mit Dummheit verwechselt. Dabei ist es genau das Gegenteil.

ERICH:

Ich kenne das ein bisschen so von meinem Hund, von der Lisa. Da habe ich dann manchmal auch das Gefühl, zahlt sich das jetzt wirklich aus oder gibt es vielleicht... nicht noch was Besseres und ich warte mal ab, was der Typ da noch rausrückt.

MELANIE:

Ungefähr so. Du kannst da ein Spielzeug schmeißen, die schauen dem dann nach, so wie, okay, hast du geworfen, was soll ich jetzt machen damit? Also die sind sehr interessant, es ist sehr schwierig, fast vergleichbar mit Herdenhunden, die zu motivieren, das ist ganz, ganz schwierig. Ich hatte ja das Glück bei mir im Training quasi, dass die schon ein bisschen auf Leckerlis geflogen sind. Und wenn ich jetzt vor allem an meine drei Adoptivhunde denke, die eine war so schlau, wir haben mit einer dran trainiert, dass die das Leckerli nicht nimmt. Und dass sie ein anderes, ein besseres bekommt, wenn die sich hinsetzt. beziehungsweise eigentlich hinsetzen war gar nicht unser Thema. Wir wollten einfach nur, dass sie es stehen lasst, dass sie davon ablässt. Sie haben dann tatsächlich Sitz, hat sie von selber angeboten, was auch sehr ungewöhnlich ist für einen Windhund, was man dazu sagen muss. Und die andere hat das beobachtet, ist hergekommen und hat sich hingesetzt vorm Leckerli. So wie, ich weiß, du hast das Bessere in der Hand, deswegen interessiert mich das da am Boden eigentlich gar nicht, obwohl die eben, die dieses Thema hatten, dass die ja alles zusammengefressen haben, was gegangen ist. Also die hat dann schon gewusst, nö, es zahlt sich schon aus, wenn ich mich da jetzt ein bisschen zurücknehme und das einzig allein nur durch Beobachten. Also ganz interessant war ja auch, selbst die, die den Socken gefressen haben, waren nicht für jedes Leckerli zu haben.

ERICH:

Total spannend. Hattest du das Gefühl, dass das dann etwas mit der Anwesenheit des Menschen zu tun hat, dass die nur den Socken fressen, wenn sie halt alleine zu Hause sind?

MELANIE:

Genau. Weil die hatten einfach das Problem, wenn da die Tür zugeht, hatten die, glaube ich, ein bisschen das Thema, oh Gott, ich werde wieder weggesperrt. Und ich kriege jetzt wahrscheinlich kein Essen mehr für was weiß ich was wie viele Tage. Und dann muss ich einfach die ganze Deko und alles, die haben den Wandkalender runtergeholt. Also... Das war wirklich ganz schlimm bei denen. Wir haben das gut weggekriegt, das muss ich dazu sagen. Wir haben das gut in den Griff gekriegt. Die Halterin hat trotzdem eine Kamera aufgestellt für die Notfälle. Aber wir haben das wirklich ganz gut in den Griff bekommen. Die halten das jetzt schon auch ganz gut aus, alleine zu sein und kommen gut runter und fressen nicht mehr alles zusammen. Wir haben da wirklich am Anfang mit Management gearbeitet. Also wirklich wegräumen, alles wegräumen, dass die quasi in einem kahlen Raum waren. Also kahl, sie hatten trotzdem eine Couch mit Polster und ihre Hundebetten, also bitte nicht erschrecken. Aber ich rede davon, dass wir keine Deko und keine Socken rumliegen lassen haben. Und mit einem quasi, ähnlich wie einem Giftköder -Training haben wir das ganz gut in den Griff gekriegt, dass die da jetzt nichts mehr zusammenfressen und dass die entspannt herumliegen können. Aber Trennungsstress ist schon heftig.

ERICH:

Was ich an dieser Stelle hier gern anmerken möchte, ist, dass es sehr lobenswert ist, dass sich Leute Hunde, auch solche Hunde aus dem Tierschutz holen, aber dass man sich trotzdem davor sehr gut überlegen muss, ob man bereit ist, wirklich eben das alles mitzumachen und auszuhalten und auch viel trainieren, weil im schlimmsten Fall kommen die halt wieder zurück ins Tierheim, ins nächste. Und vor allen Dingen so Trennungsstress oder Probleme mit dem Futter, das kommt ja jetzt nicht allzu selten vor bei Hunden, die man jetzt eben rettet aus so schlimmen Situationen oder auch bei Hunden, die man sich aus einem Shelter holt.

MELANIE:

Genau, also ich kann jetzt sagen, zwei von drei war das so bei denen. Die anderen, die bei mir im Training sind, sind tatsächlich alle aus einer Zucht. Da haben wir nicht dieses Thema. Aber eben diese drei Süßen, ich kann es gar nicht anders sagen, ich hätte sie am liebsten selber alle mit heimgenommen. Da war wirklich der Rüde, der Chilligste, der hat das nicht mit fressen. Also mit dem haben wir auch nie gearbeitet. Der hat da immer nur beim Training zugeschaut und ab und zu vielleicht einmal ein Leckerli kriegt, für das, dass er einfach nur brav entspannt war. Also das man schaut, dass der einfach so entspannt bleibt. Und die zwei Ladies waren da aber ganz anders dabei. Also das kann man auch so sagen, man kann es halt nicht pauschalieren. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Also auf den Rüden hätte ich das nie bezogen. Ich hätte auch nie gedacht, dass der aus solchen Bedingungen kommt. Der ist mit sich so im Reinen und die Hündinnen haben da leider wirklich einen Stress. Die haben auch draußen die Büsche abgefressen mit den rohen Beeren und so und das ist halt nicht unbedingt ideal. Da muss man sich, wie du sagst, wirklich bewusst sein, was hole ich mir da und bin ich bereit, daran zu arbeiten, wenn der diese Probleme mitbringt und bin ich dann auch bereit, mir vielleicht Hilfe durch einen Trainer holen zu müssen. Weil das sind auch wieder Ausgaben, die man alles bedenken muss, die da vielleicht mitspielen. Oder wenn die einen Socken frisst, dann kommen Tierarztkosten auf mich zu. Und die können, je nachdem, wie wir den Socken wieder rauskriegen, ins Unermessliche steigen. Also das muss mir alles bewusst sein, wenn ich mir so einen Hund hole. Und ich muss wirklich in dem Fall die Zeit haben. die auch rein zu investieren in ein gutes Training, dass der gut ankommen kann und in ein Sozialleben und in unseren Alltag integriert zu werden. Das ist ja gar nicht so einfach.

ERICH:

Und damit sie sich gut integrieren können, braucht es ja auch ein gewisses Maß an Auslastung. Deshalb kommen wir jetzt zu einem etwas erfreulicheren Thema und erzählen uns mal so ein bisschen, wie können wir diese Hunde auslasten? Spontan würde mir jetzt so Reizangel einfallen oder vielleicht auch so ein Frisbeespiel? Was meinst du?

MELANIE:

Ja, Reizangel ist sicher überhaupt kein Thema. Also Reizangel richtig eingesetzt, muss ich dazu sagen, weil die Reizangel wird ja meistens ein bisschen quasi wie so ein Spiel mit der Katze missbraucht. Also wirklich richtig eingesetzt, überhaupt kein Thema. Und sonst auch - Frisbee bin ich mir nicht ganz sicher. Also die Hunde, die ich habe, die würden das nicht freiwillig fangen und dann apportieren. Also das ist nicht so ihre Sache. Es gibt sicher die Ausnahmen. Also bitte für alle Hörer, die das hören und sagen, ja, aber mein Hund fangt den Frisbee. Das glaube ich euch.

Genau, probiert es aus, wenn ihr das wollt. Ansonsten Agility sehr gerne, genau, weil da können sie Vollgas geben und dann Curving, das so im Kommen ist. Also das ist auch so, alles wo sie rennen können, würde ich mal sagen. Oder auch eben, es gibt Hobby -Rennbahnen.

ERICH:

Ich frage hier jetzt ganz blöd nach, ist vielleicht auch so ein bisschen meine Aufgabe, ich habe eh meine Meinung dazu, aber einfach nur für den Zuhörer. Was ist hier jetzt der Unterschied? zu den Rennpannen, die verboten sind. Denn ich denke mir dann auch manchmal, überall, wo es etwas zu gewinnen gibt, egal ob es jetzt Leute sind, die darauf wetten oder ob ich jetzt einen Preis dafür bekomme, für die Leistung meines Hundes ist ja jetzt nicht so viel um, für die Motivation des Menschen zumindest.

MELANIE:

Ich finde es auch sehr fragwürdig. Ich bin so für diese Hobbyrennbahn, wo der quasi alleine rennen darf und nicht mit mehreren in der Reihe rennt, weil das Problem ist ja nicht nur jetzt das Rennen an sich und das drauf wetten und die Haltungsbedingungen, die kommen ja auch gerne da in einen Streit rein oder so, wo es dann eventuell auch zu Beißereien und Verletzungen kommt. Und natürlich die Verletzungsgefahr mit den Rennen habe ich natürlich auch. Die haben ja ganz dünne Haxerl, also so ist das nicht. Aber diese Gefahr, dass sie sich vielleicht den Fuß durchs Rennen brechen, das kann mir leider so auch passieren. Das muss ich ganz ehrlich sagen, das kann mir im Alltag auch passieren, wenn der halt rennen darf. Also das ist das dann nicht, aber ich muss den jetzt nicht unbedingt mit zehn anderen gleichzeitig starten lassen. Das tut es, glaube ich, nicht Not.

ERICH:

Was mir noch zum Thema lauffreudiger Hund einfällt, weil ich selbst einen zu Hause habe, ist, auch wenn man gemeinsam mit dem Hund etwas machen will und den Bewegungsdrang ausleben will, dass man mit dem Hund gemeinsam joggen geht, zum Beispiel.

MELANIE:

Der ist sicher nicht böse, wenn er mal nicht einen Sprint machen muss oder halt einen Ausdauerlauf laufen muss. Der ist dafür nicht ausgelegt, der Hund. Also natürlich, bitte, also wenn ich mit dem Hund joggen gehen will, ich gehe mit meinem Chihuahua joggen, wie ich mit der Schäferhündin joggen gehen. Also ich kann mit jedem Hund joggen gehen, nur dass der Kleine halt eher hinter mir rennt als vor mir. Bitte, es spricht nichts dagegen, dass ich den mitnehme, aber... wenn ich das nicht möchte, muss es nicht sein. Das heißt, ich muss mich jetzt nicht dazu aufraffen und zwingen und sagen, ich muss aber jetzt joggen gehen und ich muss jetzt Radfahren gehen, weil der Hund muss rennen. So ist es nicht.

ERICH:

Wir haben jetzt schon so viel besprochen und ich muss gestehen, ich habe selbst schon etwas den Überblick verloren. Was aber nichts macht, wir werden es später einfach hören und es sicher auch daran liegt, weil du eine gute Gesprächspartnerin bist und schon von dir aus so viel erzählst. Zeit ist auch bald zu Ende, deshalb würde ich jetzt einfach nochmal fragen, gibt es irgendetwas, das wir vergessen haben oder du noch sagen möchtest?

MELANIE:

Ich muss jetzt ganz ehrlich sagen, ich habe jetzt nicht unbedingt dringend etwas. Wichtig wäre mir halt wirklich nur, dass ihr an einem guten Rückruf arbeitet, also das ist wirklich, das ist mein Tipp Nummer 1. Arbeitet auf einen hundertprozentigen Rückruf hin. Also wirklich gerne auch auf einen doppelten Rückruf mit einem Anker dazu quasi, dass ich wirklich sage, mein Hund kommt, egal was passiert, der dreht um und kommt zurück oder von mir aus auch ein gutes Stopp. Er muss ja nicht zurückkommen, aber wenn er im Hetzen wenigstens stehen bleibt, wäre es ganz nett, einfach nur gegenüber den anderen. Lebewesen, sagen wir mal so, den Beutetieren und auch zur Sicherheit eures Hundes. Wenn der dann durch den Wald rennt und kreuzt irgendwo eine Straße, will ich halt auch nicht unbedingt, dass er ins nächste Auto rein rennt, weil er blind vor der Jagd ist.

ERICH:

Danke, dass du das nochmal erwähnst, sehe ich auch total so. Was man aber dabei immer bedenken muss, ist auch, dass ich meinen Hund extrem gut lesen können muss und auch die Jagdkette kennen muss, damit ich noch weiß, wann schafft es mein Hund überhaupt noch umzukehren oder auf meinen Rückruf zu hören, wenn er halt schon im Jagdfieber ist. Also, eine Portion Verstehen seines Hundes gehört auch dazu.

MELANIE:

Ja, und das habe ich jetzt so gar nicht bedacht, weil das ist bei mir im Training sowieso. Also bei mir im Training gibt es auch immer eine gute Portion Ausdrucksverhalten dazu.

ERICH:

Danke, liebe Melanie. Leider ist unsere Zeit schon um. Es vergeht immer schneller als gedacht. Ich denke aber, wir haben sehr viel besprochen.

Sollte es noch Fragen von den Zuhörern geben, dann schreibt die uns bitte. Wir wolle eine Zusatzfolge mit euren Fragen machen, wenn wir mit den FCI Gruppen durch sind. Alle Infos dazu findest du in den Show Notes. Danke Melanie.

MELANIE:

Sehr gerne. Immer wieder gerne. Danke für die Einladung. Ciao.

ERICH:

Ich habe ganz vergessen Melanie nach ihren Tipps zu fragen. Das macht aber nichts. Ich werde ihr gleich eine Mail schreiben und diese noch einholen. Diese werdet ihr dann auf unserem Instagram Account Pfoten auf Asphalt finden, der übrigens ein paar Follower gebrauchen könnte. Von mir gibt es heute dafür gleich drei Tipps, und zwar einmal den Song Uschi von MC Windhund, den findet ihr auf unserer Spotify -Liste, dann einmal die Doku Galgo Español. Hier erfährt ihr etwas über das Schicksal der spanischen Jagdhunde und dazu verlinke ich euch auch gleich die Galgo -Hilfe, die Galgo -Märsche organisiert und sich um Adoptionen und Pflegestellen für diese Hunde kümmert.

Geht respektvoll miteinander um, egal ob Mensch oder Hund. Bis zum nächsten Mal. Ciao.

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